Den Satz „Wie der Vater so der Sohn“ kennt jeder und ist eine Pauschalverurteilung. Niemand möchte so sein wie der eigene Vater ist! Schliesslich ist man eigenständig, unabhängig, selbstbewusst und selbstbestimmend. Dennoch ist der eigene Vater die erste männliche Bezugsperson, wo man anfänglich hochschaut und alles glaubt, später jedoch vieles in Frage stellt. Öfters entwickelt sich aus dieser Nähe ein Machtkampf, der das Verhältnis belastet und die ganze Familie in Atem hält. Zudem stehen Vater und Sohn in Konkurrenz. Vor allem in Bezug zur eigenen Frau haben viele Väter Neid- und Eifersuchtsgefühle, braucht doch der Sohnemann Aufmerksamkeit, Zärtlichkeiten und das Gefühl, geliebt zu werden. Der Vater beansprucht aufgrund Sturheit und mangelndem Selbstwertgefühl dasselbe. Unausgesprochene Gefühle spielen eine bedeutende Rolle im Machtkampf Vater-Sohn. Negative Gefühle wie Wut, Enttäuschung oder Eifersucht werden oft nicht angesprochen, was den Konflikt in der gesamten Familie anheizt. Väter und Söhne neigen dazu, einander anzuschweigen oder mit Vorwürfen und Kritik zu konfrontieren. Wenn der Sohn später mal Vater ist und sich selbst bis dahin nicht weiterentwickelt hat, ist die Aussage „Er ist wie der Vater“ nicht auszuschliessen. Vielen jungen Vätern, denen diese „Abnabelung“ bravourös gelungen ist, neigen oft dazu, den Sohn im konträr zu erziehen. Vor allem auch dann, wenn der eigene Vater streng, patriarchisch und toxisch war. Eine antiautoritäre und verwöhnte Beziehung mag für den jungen Sohn nur von Vorteil sein. Im Teenageralter, spätestens als junger Mann erfolgt eine Revolutionsphase, egal wie die Erziehung war. Viele Väter sind damit überfordert, verstehen die Welt nicht mehr und kapitulieren vor dieser Belastungsprobe. Wenn es optimal verläuft, erhält diese Vater-Sohn Beziehung im Lauf der Jahrzehnte eine zweite Chance. Falls ja, muss diese ohne Rückblick in die Vergangenheit erfolgen. Was war das war und muss nicht erneut gekocht werden. Empathie, Akzeptanz und Interesse zeigen ist nun angesagt. Im besten Fall von beiden Seiten. Man hat keine gegenseitige Verpflichtungen, keine Erwartungshaltung, keine Ansprüche. Und das Gefühl haben, den Anderen noch (um)erziehen zu müssen, zu ändern, ist eindeutig überflüssig.
Die Zeit miteinander zu verbringen ist Alles was zählt. Vater und Sohn stehen in Konkurrenz.